Künstlerisches Entwicklungsprojekt der Dorothea-Erxleben-Stipendiatin Anna Witt

An der HBK Braunschweig arbeiten aktuell drei Dorothea-Erxleben-Stipendiatinnen. Ziel des 2-jährigen Stipendiums der künstlerischen Nachwuchsförderung ist die Qualifizierung von Künstlerinnen für eine Professur. Das während des Stipendiums zu entwickelnde Lehrangebot richtet sich dabei an HBK-Studierende. Neben Yeongbin Lee und Maika Knoblich erhielt auch Anna Witt das Stipendium.
Mit Anna Witt haben wir gesprochen. In einem Interview gibt sie Einblicke in ihre künstlerische Arbeit und beschreibt, was sie mit ihren Studierenden plant.
„Drei Fragen“
In Ihren Arbeiten beschäftigen Sie sich vor allem damit, wie einerseits Verantwortungsbewusstsein aber auch andererseits gesellschaftliche und ökologische Zukunftsvisionen visuell erfahrbar gemacht und kollektiv erzählt werden können. Wie hat sich Ihr Themenschwerpunkt auf die Arbeit mit Ihren Studierenden ausgewirkt?
Ausgangspunkt unserer Auseinandersetzung waren Recherchen zum Widerstand gegen den Bau eines atomaren Endlagers im Salzstock Gorleben und der daraus resultierenden gesellschaftlich breit aufgestellten Bürgerbewegung.

Wir recherchierten in Archiven und sprachen mit Zeitzeug*innen, die einen großen Teil ihres Lebens der aktivistischen Arbeit der Anti-Atomkraftbewegung widmeten. Das Thema ist sehr umfangreich und umfasst nicht nur den Aspekt, eine der größten Widerstandsbewegungen der deutschen Nachkriegs-Geschichte zu sein, sondern wirft auch Fragen auf, die sich an die Zukunft und den gesellschaftlichen Umgang mit Ressourcen richten.
Wichtig war für uns die Idee des kollektiven Handelns und wie man dieses erfahrbar gestalten kann - also das Thema nicht nur visuell und theoretisch zu betrachten, sondern auch die körperliche und persönliche Erfahrung in den Vordergrund zu stellen.

Können Sie uns mehr zu Ihren Seminaren "Collectively Unsynchronized" und "Collective Ways of Disagreeing" erzählen?
Kollektives Arbeiten und gemeinsame Entscheidungsprozesse spielen eine große Rolle. In unserem ersten Seminar "Collectively Unsynchronized“ haben wir vor allem künstlerische Beispiele angesehen und uns theoretisch mit der Idee der Kollektivität auseinandergesetzt. Im zweiten Seminar verließen wir die Räume der Hochschule und unternahmen eine Exkursion ins Wendland. Dort besuchten wir das Gorleben Archiv e.V. – Die Geschichte des wendländischen Widerstandes, in dem von der Bewegung selbst heraus Zeitdokumente, Bücher, Lieder, Berichte, Videos und Bilder zusammengetragen wurden und wanderten um den Salzstock Gorleben - ein Ritual des Protests -, welches seit 30 Jahren jeden Sonntag von der Bewegung um den Salzstock abgehalten wird.

Im vergangenen Semester entwickelten wir gemeinsam ein partizipatives Planspiel, das als Rahmenprogramm der Ausstellung Salt, Clay, Rock in der neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (nGbk) Berlin veranstaltet wurde. Ausgehend von der Idee eines „Aktions Camps“ entwickelten wir verschiedene Stationen, die auf unterschiedliche Weise gemeinschaftliches Handeln, den Umgang mit Kommunikation und die Erfahrung des kollektiven Körpers thematisierten. Dabei wurden die Besucher*innen eingeladen sich experimentell mit gemeinsamen Problemlösungen auseinanderzusetzen.
Gibt es schon Pläne mit Ihren Studierenden für das kommende Sommersemester und können Sie uns diese etwas näher beschreiben?
Wir haben viel darüber diskutiert, was es bedeutet kontextbezogen zu arbeiten. Dabei war es uns wichtig, die entstandenen Projekte auch vor Ort zu zeigen. Deshalb haben wir im Sommersemester geplant, künstlerische Projekte zur vorangegangenen Recherche zu entwickeln und eine Ausstellung in der Kunsthalle Herbsthausen zu realisieren. Sie wird am 22. Mai eröffnet und im Rahmen der Kulturellen Landpartie 2025 (29. Mai bis 9. Juni 2025) präsentiert.

Die Kunsthalle Herbsthausen ist als ein „Kulturzentrum im Entstehen“ dafür geeignet und ein exemplarischer Ort, an dem sich die Widerstandsgeschichte mit zeitgenössischer Kultur trifft. Weitere Informationen zum Vorhaben.
Das Interview führte Brigitte Kosch, Pressestelle der HBK Braunschweig