Prof. Dr. Ursula Ströbele zu ihrem Workshop "Before the Object"

Frau Prof. Dr. Ströbele, Sie haben am Institut für Kunstwissenschaft die Professur Kunstwissenschaft mit dem Schwerpunkt Kunst der Gegenwart inne. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen digitale, zeitbasierte Phänomene des Skulpturalen, eine, wie Sie es nennen, Que(e)rschnittsgeschichte der Skulptur des 20. Jahrhunderts, Kunst und (queere) Ökologien und Infrastrukturen der Produktion und des Transports.
Aktuell haben Sie gemeinsam mit Kaja Ninnis (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturgeschichte und Theorie der Humboldt-Universität zu Berlin und Doktorandin am Exzellenzcluster Matters of Activity) einen Workshop organisiert, der vom 21. bis 23. November an der HBK Braunschweig stattgefunden hat. 


„Drei Fragen“ an Prof. Dr. Ursula Ströbele:

In Ihrem Workshop standen Fragen zur Erforschung von Nicht-Kunstwerken im Mittelpunkt, den Stoffen, aus denen Kunstwerke bestehen und deren ökologische Auswirkungen. Können Sie uns den Hintergrund dieser Fragestellung näher erläutern?

Ausgehend von unserer Online-Arbeitsgruppe Art Material Ecology, die seit Februar 2023 besteht, interessieren wir uns schon seit längerem für globale Materialströme, das heißt für die Wege, die ein Material jeweils zurücklegt, bis daraus ein Kunstwerk wird. Woher stammen beispielsweise Erdöl, Gold, Mahagoni, Marmor oder auch Lithium? Wie werden diese Rohstoffe vor Ort abgebaut und welche Infrastrukturen sind in deren Extraktion und Transformation enthalten? Welche ökologischen und kolonialen Verflechtungen kommen dabei zum Tragen? Im Zentrum steht also nicht das finale Kunstwerk, das wir in einer Ausstellung oder im Atelier zu Gesicht bekommen, sondern das, was oftmals unsichtbar ist oder übersehen wird: Was geschieht mit den Materialien, bevor sie zu Kunst werden – was ereignet sich „vor dem Objekt“? Eine Herausforderung besteht in der methodischen Herangehensweise, etwa wenn historische Quellen auf der Suche nach transparenten Lieferketten, wie sie heute vielfach diskutiert werden, keine Auskunft geben. Solchen und weiteren Fragen wollen wir nachgehen.

Welche Zielsetzung hat der Workshop verfolgt, welchen Input können Studierende daraus ziehen und gibt es Pläne wie mit den Ergebnissen des Workshops umgegangen werden soll?

Nach mehr als eineinhalb Jahren Online-Treffen freuen wir uns sehr, die Mitglieder unserer Gruppe nun in Braunschweig begrüßen zu dürfen und in einen persönlichen, direkten Austausch auch mit unseren Redner*innen zu treten. Es sind alle Interessierten herzlich eingeladen, dabei zu sein! Wir freuen uns insbesondere über eine Teilnahme von Studierenden. In den Pausen besteht dann die Möglichkeit, über die Vorträge hinaus ins Gespräch zu kommen. Meine Kollegin und ich denken gerade über eine mögliche Publikation nach - ein vielversprechendes Angebot innerhalb einer internationalen Reihe liegt uns bereits vor. 

Gibt es darüber hinaus noch weitere Projekte, auch mit Studierenden, an denen Sie arbeiten?

Parallel zum Workshop findet ein Seminar statt, um so Studierende in die Diskussion zu involvieren. Und im Nachgang werden die einzelnen Vorträge noch näher erörtert.

Außerdem haben Masterstudierende der Kunstwissenschaften im letzten Semester in einer Lehrveranstaltung Texte für einen Audio-Guide geschrieben. Dieser wird im Rahmen der Ausstellung „Alina Szapocznikow. Körpersprachen“ zu hören sein. 
Die Eröffnung wird im März 2025 im Kunstmuseum Ravensburg stattfinden, zu der wir mit den Studierenden fahren werden, um vor Ort kuratorische und konservatorische Hintergründe, Pressearbeit und Logistik näher kennenzulernen. 


Das Interview führte Brigitte Kosch, Pressestelle der HBK Braunschweig

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